Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG)
Artikel I
(1) Die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG) regeln das Verfahren der nachstehend bezeichneten Verwaltungsorgane, soweit sie behördliche Aufgaben besorgen und im Folgenden nicht anderes bestimmt ist.
(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind anzuwenden:
A. das AVG und das VStG – unbeschadet der lit. F – auf das behördliche Verfahren
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der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern; |
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der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern; |
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der Organe der Städte mit eigenem Statut; |
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der Organe der Bundesanstalt „Statistik Österreich“; |
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des Österreichischen Staatsarchives; |
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(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 50/2012) |
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der Landespolizeidirektionen; |
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der Landes- und Bezirksschulräte; |
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des Bundesdenkmalamtes; |
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des Bundeseinigungsamtes und der Schlichtungsstellen (§§ 141 und 144 ArbVG); |
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(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 50/2012) |
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der Zollämter, der Finanzämter und des unabhängigen Finanzsenates; |
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des Berufungssenates nach § 64 Abs. 2 Börsegesetz 1989, BGBl. Nr. 555; |
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der Einigungs- und der Obereinigungskommissionen; |
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der Lehrlingsstellen und der land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstellen; |
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der Grundverkehrsbehörden; |
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der in einzelnen Ländern bestehenden Höfekommissionen und Forsttagsatzungskommissionen; |
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der Beschussämter; |
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der kollegial eingerichteten besonderen Bauoberbehörden; |
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des Postbüros; |
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der Fernmeldebüros und des Büros für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen; |
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der Militärkommanden; |
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der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA); |
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der Übernahmekommission; |
B. das AVG in vollem Umfang, das VStG mit Ausnahme der §§ 37, 39, 50 und 56 auf das behördliche Verfahren
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der Organe der Gemeindeverbände; |
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der Organe der Gemeinden, soweit sie nicht unter Z 3 fallen; |
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der Organe der Körperschaften, Fonds und Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter eine andere Bestimmung dieses Absatzes fallen und soweit es sich nicht um gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften, Universitäten oder Pädagogische Hochschulen, gesetzliche berufliche Vertretungen oder Träger der Sozialversicherung handelt; |
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der Vollzugsbehörden erster Instanz und der Vollzugsoberbehörden nach dem Strafvollzugsgesetz; |
C. das AVG auf das behördliche Verfahren
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der Organe der Universitäten und der Pädagogischen Hochschulen; |
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des Bundesasylamtes (§ 58 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100); |
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des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, der Eichämter und der Vermessungsämter; |
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des Heerespersonalamtes; |
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der Meisterprüfungsstellen bei den Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft; |
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des Zivildienstbeschwerderates; |
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der Zivildienstserviceagentur; |
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der Datenschutzkommission; |
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des Bundesvergabeamtes; |
D. das AVG, dessen § 64 jedoch nur, wenn nicht anderes ausdrücklich bestimmt ist, auf das behördliche Verfahren
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der Landesgeschäftsstellen und der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, des Bundesamtes für Sozial- und Behindertenwesen und der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten; |
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der Arbeitsinspektorate; |
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der Land- und Forstwirtschaftsinspektionen; |
E. das VStG auf das Verwaltungsstrafverfahren
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der Agrarbehörden; |
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der Landesgeschäftsstellen und der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen; |
F. das VVG auf das behördliche Verfahren der unter den Z 1, 3, 6 und 7 genannten Organe in den Angelegenheiten der Verwaltungsvollstreckung.
(3) Das AVG, das VStG und das VVG sind auf das behördliche Verfahren der Bundesminister in allen Fällen anzuwenden, in denen sie als erste Instanz einschreiten, sowie in allen jenen Fällen, in denen sie sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind und das unmittelbar untergeordnete Verwaltungsorgan nach einem der Verwaltungsverfahrensgesetze vorzugehen hatte.
(4) Soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, sind die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht anzuwenden:
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in den Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben und Beiträge, die von den Abgabenbehörden erhoben werden, mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben nach § 78 AVG; |
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in den Angelegenheiten des Familienlastenausgleiches mit Ausnahme des in diesen Angelegenheiten durchzuführenden Strafverfahrens; |
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in den Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- und Versorgungsverhältnisses zum Bund, zu den Ländern, zu den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie zu den sonstigen Körperschaften, Fonds und Anstalten des öffentlichen Rechts; |
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4. |
in den Angelegenheiten der Durchführung der Wahl des Bundespräsidenten, von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zum Europäischen Parlament, der Wahl des Bürgermeisters durch die zur Wahl des Gemeinderates Berechtigten und von Wahlen der Organe der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, in den Angelegenheiten der Durchführung von Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Grund der Bundesverfassung oder einer Landesverfassung und von Europäischen Bürgerinitiativen sowie in den Angelegenheiten der unmittelbaren Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten an der Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde mit Ausnahme des in allen diesen Angelegenheiten durchzuführenden Strafverfahrens; |
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in den Angelegenheiten des Disziplinarrechts; |
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6. |
auf die Durchführung von Prüfungen, die der Beurteilung der Kenntnisse von Personen auf bestimmten Sachgebieten dienen, soweit es sich nicht um die Zulassung zur Prüfung handelt. |
Artikel II
(1) Wo im AVG oder im VStG von Behörden gesprochen wird, sind darunter die Verwaltungsorgane zu verstehen, für deren behördliches Verfahren diese Bundesgesetze gemäß Art. I gelten.
(2) Verwaltungsvorschriften im Sinne der Verwaltungsverfahrensgesetze sind alle die verschiedenen Gebiete der Verwaltung regelnden, von den im Abs. 1 bezeichneten Behörden zu vollziehenden Gesetze – dieses Bundesgesetz inbegriffen –, Verordnungen, Staatsverträge und unmittelbar geltenden Vorschriften des Unionsrechts.
(3) Verwaltungsübertretungen im Sinne des VStG sind die von den im Abs. 1 bezeichneten Behörden zu ahndenden Übertretungen.
Artikel III
(1) Wer
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in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Gerichten oder Verwaltungsbehörden schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Gerichten oder Verwaltungsbehörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei) oder |
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sich außer in den Fällen einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung verschafft, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtungen festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß zu entrichten, oder |
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3. |
einen anderen aus dem Grund der Rasse, der Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung diskriminiert oder ihn hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, oder |
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4. |
nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet, |
begeht, in den Fällen der Z 3 oder 4 dann, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, für das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, in den Fällen der Z 2 und 4 von der Landespolizeidirektion, mit Geldstrafe bis zu 218 Euro, im Fall der Z 3 mit einer Geldstrafe bis zu 1 090 Euro und im Fall der Z 4 mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro und mit dem Verfall der Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu bestrafen. Im Fall der Z 4 ist der Versuch strafbar.
(2) Die Organe der Bundespolizei haben bei der Vollziehung des Abs. 1 als Hilfsorgane der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzuschreiten.
(3) Abs. 1 Z 1 ist nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen.
(4) Die Tat nach Abs. 1 Z 2 wird straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, den Fahrpreis und einen in den Tarifbestimmungen oder Beförderungsbedingungen etwa vorgesehenen Zuschlag unverzüglich zahlt. Dies gilt auch, wenn der Täter den Fahrpreis und einen in den Tarifbestimmungen oder Beförderungsbedingungen etwa vorgesehenen Zuschlag innerhalb von drei Tagen zahlt, sofern er sich bei der Zahlungsaufforderung im Beförderungsmittel durch eine mit einem Lichtbild ausgestattete öffentliche Urkunde ausweist.
(5) Wird die Anzeige wegen einer Tat nach Abs. 1 Z 4 vom öffentlichen Ankläger zurückgelegt oder ein gerichtliches Verfahren wegen einer solchen Tat rechtskräftig ohne Schuldspruch des Angezeigten beendet, so ist dies der Bezirksverwaltungsbehörde, für das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, der Landespolizeidirektion, mitzuteilen. Die Mitteilung obliegt bei Zurücklegung der Anzeige dem öffentlichen Ankläger, in allen anderen Fällen dem Gericht.
(6) Die Zeit von der Erstattung der Anzeige wegen einer Tat nach Abs. 1 Z 4 bis zum Einlangen der in Abs. 5 genannten Mitteilung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ist in die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) nicht einzurechnen.
Artikel IV
Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.
Artikel V
(1) Art. I Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 20/2009 tritt mit 1. Jänner 2010 in Kraft.
(2) Art. I Abs. 4 Z 4 und Art. II Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/2012 treten mit 1. April 2012 in Kraft.
(3) Art. I Abs. 2 Z 39 in der Fassung des 2. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 35/2012, tritt mit 1. Juli 2012 in Kraft.
(4) Art. I Abs. 2 Z 7 und 42 sowie Art. III Abs. 1 erster Satz und Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2012 treten mit 1. September 2012 in Kraft; gleichzeitig treten Art. I Abs. 2 Z 6 und 11 außer Kraft.
(5) Art. I Abs. 2 Z 30 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft