Wiener Prostitutionsgesetz 2011 / Prostitution law from Vienna
Jahrgang 2011 |
Ausgegeben am 22. September 2011 |
24. Stück |
24. Gesetz: |
Wiener Prostitutionsgesetz 2011 – WPG 2011
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24.
Gesetz, mit dem die Prostitution in Wien geregelt wird (Wiener Prostitutionsgesetz 2011 – WPG 2011)
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Gesetz regelt unbeschadet bundesgesetzlicher Regelungen die Anbahnung und die Ausübung der Prostitution im Gebiet der Gemeinde Wien.
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Prostitution im Sinne dieses Gesetzes ist die gewerbsmäßige Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die gewerbsmäßige Vornahme sexueller Handlungen.
(2) Anbahnung der Prostitution liegt vor, wenn jemand durch sein Verhalten erkennen lässt, Prostitution ausüben zu wollen. Wenn in diesem Gesetz nicht ausdrücklich anderes verfügt ist, gelten die Einschränkungen für die Ausübung auch für die Anbahnung der Prostitution.
(3) Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Abs. 1 liegt vor, wenn die Prostitution in der Absicht erfolgt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende, wenn auch nicht regelmäßige Einnahme zu verschaffen.
(4) Als aggressiv gilt die Anbahnung der Prostitution, wenn unbeteiligte Dritte durch deutliche, die Geschlechtssphäre betonende Handlungen oder Körperhaltungen belästigt werden könnten.
(5) Prostitutionslokale sind zur Anbahnung oder Ausübung der Prostitution bestimmte oder verwendete Gebäude, Gebäudeteile oder andere geschlossene Räume. Die Regeln für Prostitutionslokale gelten bis zum Beweis des Gegenteils auch für Gebäude oder Gebäudeteile, von denen mit Grund vermutet werden kann, dass sie der Anbahnung oder der Ausübung der Prostitution dienen sollen. Insbesondere wird dies auf Grund der äußeren Gestaltung der Räume (wie zB Lichtreklame, bildliche Darstellungen, Bezeichnungen und Schriftzüge) oder weil sich darin eine oder mehrere Personen aufhalten, die ein Verhalten gemäß Abs. 2 setzen oder ein der Prostitutionsausübung zuordenbares äußeres Erscheinungsbild (Bekleidung) aufweisen, zu vermuten sein.
(6) Als Verantwortliche für Prostitutionslokale gelten alle Personen, die ein Prostitutionslokal betreiben oder in deren Eigentum (Miteigentum) oder faktischer Verfügung die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume stehen. Als Verantwortliche gelten auch Verwalterinnen und Verwalter im Umfang ihrer Befugnis.
(7) Straßenprostitution ist die Anbahnung von Prostitution an einem öffentlichen Ort außerhalb von geschlossenen Räumen.
(8) Als Wohngebiet im Sinne dieses Gesetzes gelten Flächen im Gebiet der Stadt Wien, welche mehrheitlich mit Gebäuden bebaut sind, die Wohnzwecken dienen, einschließlich aller Straßen, Parks und sonstiger öffentlich zugänglicher Flächen, die innerhalb solcher Gebiete liegen oder an solche angrenzen. Als Wohngebiet gelten jedenfalls Flächen, für die im Flächenwidmungsplan die Widmungen „Wohngebiet“, „Gemischtes Baugebiet“, „Kleingartengebiet“ oder „Gartensiedlungsgebiet“ ausgewiesen sind.
(9) Als Freierinnen und Freier gelten Personen, welche die Dienstleistung einer die Prostitution anbahnenden Person in Anspruch nehmen oder zu nehmen beabsichtigen.
(10) Schutzobjekte sind
a) Gebäude und Gebäudeteile einschließlich der dazugehörigen Außenanlagen, die für religiöse Zwecke der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften gewidmet oder als Kindertagesheime, Schulen oder Heil- und Pflegeanstalten eingerichtet sind;
b) Kinder- und Jugendspielplätze oder Friedhöfe, die in der Natur erkennbare Umgrenzungen wie Mauern, Einfriedungen, Zäune oder Gehwege aufweisen.
Zuständigkeit
§ 3. (1) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist der Magistrat der Stadt Wien.
(2) Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben, mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens, im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.
(3) Für die Dauer der Geltung der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 16. April 1968, LGBl. für Wien Nr. 27, mit der die Besorgung der Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei und der Sittlichkeitspolizei auf die Bundespolizeidirektion Wien übertragen wird, ist diese die erstinstanzlich zuständige Behörde mit Ausnahme der Vollziehung der Bestimmungen der § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 lit. d) und § 11 Abs. 1 hinsichtlich der Aufträge gemäß § 6 Abs. 1 lit. d).
(4) Die Vollziehung der Strafbestimmungen obliegt in erster Instanz der Bundespolizeidirektion Wien.
(5) Gegen sämtliche Bescheide der Behörde kann Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden.
Allgemeine Beschränkungen der Prostitutionsausübung
§ 4. Prostitution darf nicht ausgeübt werden von
a) minderjährigen Personen;
b) Personen, gegen deren Prostitutionsausübung pflegschaftsbehördliche Bedenken bestehen;
c) Personen, die die gesundheitspolizeilichen Voraussetzungen des Geschlechtskrankheitengesetzes, StGBl. Nr. 152/1945 in der Fassung BGBl. Nr. 98/2001, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 in der Fassung BGBl. Nr. 591/
1993, und des AIDS-Gesetzes 1993, BGBl. Nr. 728/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 98/2001, für die Zulässigkeit der Ausübung der Prostitution nicht erfüllen.
Meldung der Prostitutionsausübung
§ 5. (1) Personen, die beabsichtigen, Prostitution auszuüben, haben dies persönlich bei der Behörde (§ 3 Abs. 3) zu melden. Die Meldung hat Vor- und Familiennamen oder Nachnamen, frühere Namen, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Wohnadresse und zwei Lichtbilder, welche die Person zweifelsfrei erkennen lassen, zu enthalten. Die Meldung kann nach Willen der oder des Meldepflichtigen zusätzlich die Adresse des Prostitutionslokals enthalten, wo die Ausübung der Prostitution beabsichtigt wird.
(2) Die Stadt Wien trifft nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel Vorsorge dafür, dass bei der Meldung der Prostitutionsausübung eine Beratung der Prostituierten zur Verfügung steht (zB durch Abschluss von Vereinbarungen mit Organisationen, zu deren satzungsgemäßem Zweck die Beratung von Prostituierten gehört). Die Behörde hat die Anwesenheit einer Beraterin oder eines Beraters während der Parteienverkehrszeiten zu gestatten. Das Recht gemäß § 10 Abs. 5 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 auf Beiziehung einer Vertrauensperson bleibt unberührt.
(3) Personen, die Prostitution ausüben, haben unbeschadet bundesgesetzlicher Verpflichtungen der Behörde alle Änderungen von Daten gemäß Abs. 1 binnen einer Woche anzuzeigen.
(4) Die Behörde hat entgegengenommene Meldungen und Anzeigen gemäß Abs. 1 und Abs. 3 dem Magistrat der Stadt Wien bekanntzugeben.
(5) Der Magistrat der Stadt Wien hat Personen im Sinne des Abs. 1, die, ohne die Beendigung der Prostitutionsausübung mitgeteilt zu haben, länger als sechs Monate nicht zur Kontrolluntersuchung erschienen sind, der Bundespolizeidirektion Wien bekanntzugeben.
(6) Gibt eine Person, die eine Meldung gemäß Abs. 1 erstattet hat, bekannt, die Prostitution nicht mehr auszuüben, so sind die sie betreffenden Daten gemäß § 19 Abs. 4 zu löschen.
Prostitutionslokale
§ 6. (1) Gebäude oder Gebäudeteile dürfen zur Ausübung der Prostitution als Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 5) nur verwendet werden, wenn
a) sie einen unmittelbaren und gesonderten Zugang zur öffentlichen Fläche aufweisen;
b) über sämtliche zugehörenden Räume Personen Verfügungsgewalt haben, die Prostitution ausüben;
c) es sich dabei nicht um Bahnhöfe oder Stationsgebäude handelt;
d) sie über ausreichende Einrichtungen und Sicherheitsvorkehrungen verfügen, die einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen sowie dem Entstehen von Bränden vorbeugen und dem Schutz der Prostituierten dienen;
e) sie so ausgestaltet sind, dass der Schutz von Jugendlichen gewahrt bleibt und Anrainerinnen und Anrainer keinen unzumutbaren Belästigungen ausgesetzt sind. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung der Kennzeichnung als Prostitutionslokal sowie jener Bereiche des Gebäudes, die für Anrainerinnen und Anrainer einsehbar sind.
(2) Die Ausübung der Prostitution in Gebäuden, die nicht die Bedingungen des Abs. 1 erfüllen, ist nur in den Räumen derjenigen Person zulässig, welche die Dienstleistung einer die Prostitution ausübenden Person in Anspruch nimmt.
(3) Die näheren Vorschriften über die in Abs. 1 lit. d) und e) vorgesehenen Einrichtungen und Vorkehrungen sind von der Behörde durch Verordnung zu erlassen.
Meldepflichten für Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionslokalen
§ 7. (1) Natürliche und juristische Personen, die beabsichtigen, ein Prostitutionslokal zu betreiben, haben vorher der Behörde den Betrieb anzuzeigen. Der Anzeige sind in zweifacher Ausfertigung anzuschließen:
a) Unterlagen, aus denen sich Vor- und Familiennamen oder Nachnamen, frühere Namen, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse der betreibenden Person, bei juristischen Personen der vertretungsbefugten Organe ergeben;
b) Pläne und Beschreibungen des Prostitutionslokals, die mit einer im Rahmen ihrer bzw. seiner Befugnis ausgestellten Bestätigung einer Ziviltechnikerin oder eines Ziviltechnikers über die bewilligungsgemäße und der Bauordnung für Wien entsprechende Bauausführung versehen sind, aus denen hervorgeht, dass das Prostitutionslokal den Anforderungen dieses Gesetzes und der Verordnung gemäß § 6 Abs. 3 entspricht;
c) einen nicht mehr als drei Monate alten Strafregisterauszug für alle im § 8 Abs. 1 genannten natürlichen Personen.
(2) Die im Abs. 1 genannten Personen haben folgende Umstände der Behörde anzuzeigen:
a) binnen drei Wochen Änderungen des Namens oder der Wohnadresse des Betreibers und der in § 8 Abs. 1 genannten Personen;
b) binnen drei Wochen Änderungen der in § 8 Abs. 1 genannten Personen;
c) beabsichtigte wesentliche Änderungen des Prostitutionslokals vor deren Vornahme unter Anschluss der in Abs. 1 lit. b) genannten Unterlagen.
(3) Die Behörde hat Anzeigen gemäß Abs. 1 oder 2 lit. c) bescheidmäßig zur Kenntnis zu nehmen, wenn alle rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb des Prostitutionslokales erfüllt sind. Im Bescheid über die Kenntnisnahme der Anzeige können erforderlichenfalls zur Erfüllung der in § 6 genannten Voraussetzungen Aufträge für den Betrieb des Prostitutionslokals erteilt werden. Mit dem Betrieb des Prostitutionslokals oder des veränderten Prostitutionslokals darf erst ab der rechtskräftigen Kenntnisnahme der Anzeige begonnen werden.
(4) Die von der Behörde entgegengenommenen Meldungen und Anzeigen gemäß Abs. 1 und 2 sind dem Magistrat der Stadt Wien bekanntzugeben.
Prüfung der Zuverlässigkeit
§ 8. (1) Die Behörde hat zu prüfen, ob die zukünftige Betreiberin oder der zukünftige Betreiber oder, falls es sich um eine juristische Person handelt, die Personen mit maßgebendem Einfluss die für den Betrieb des Prostitutionslokals erforderliche Zuverlässigkeit besitzen.
(2) Die Zuverlässigkeit ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen
a) durch ein Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind und diese Strafe noch nicht getilgt ist oder
b) wegen schwerwiegender Verstöße insbesondere gegen gewerberechtliche, sozialversicherungsrechtliche, sicherheitspolizeiliche, fremdenrechtliche oder prostitutionsrechtliche Rechtsvorschriften rechtskräftig bestraft worden sind und diese Strafen noch nicht getilgt sind.
Ausübung von Prostitution
§ 9. (1) Die Straßenprostitution (§ 2 Abs. 7) ist zulässig, sofern Abs. 2 nichts anderes bestimmt.
(2) Die Straßenprostitution ist unzulässig
a) innerhalb von Wohngebieten (§ 2 Abs. 8);
b) auf Flächen, die als Friedhöfe, Kleingartengebiete oder Haltestellenbereiche öffentlicher Verkehrsmittel verwendet werden;
c) im Bereich einer Beschränkung gemäß § 10.
(3) Die Behörde (§ 3 Abs. 3) kann durch Verordnung Ausnahmen von den Verboten des Abs. 2 bestimmen (Erlaubniszonen für Straßenprostitution), sofern dadurch berechtigte Interessen der Öffentlichkeit oder der Anrainerinnen und Anrainer, insbesondere auch im Hinblick auf Schutzobjekte (§ 2 Abs. 10) sowie schwerwiegende Sicherheitsinteressen der Prostituierten nicht verletzt werden.
(4) Die Anbahnung der Prostitution an öffentlichen oder öffentlich einsehbaren Orten darf nicht in aggressiver Weise (§ 2 Abs. 4) erfolgen.
(5) Die Ausübung von Prostitution in einem Gebäude ist nur zulässig, wenn dieses als Prostitutionslokal den Vorgaben des § 6 entspricht.
Zusätzliche Beschränkungen der Prostitution
§ 10. Soweit es im Interesse der Öffentlichkeit oder der Anrainerinnen und Anrainer, insbesondere nach wiederholter unzumutbarer Belästigung der Nachbarschaft durch ein auch nicht strafbares Verhalten von Freierinnen und Freiern vor einem Prostitutionslokal, erforderlich ist, kann die Behörde (§ 3 Abs. 3) zusätzlich zeitliche und örtliche Beschränkungen für alle Arten der Anbahnung und Ausübung der Prostitution verfügen. Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Wahrnehmbarkeit der Anbahnung durch die Öffentlichkeit, insbesondere durch Kinder und Jugendliche, unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ein zumutbares Ausmaß nicht übersteigt.
Aufträge an Verantwortliche
§ 11. (1) Die Behörde kann Verantwortlichen für Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 6) mit Bescheid die Schaffung von Einrichtungen und Vorkehrungen gemäß § 6 Abs. 1 lit. d) und e) unter Gewährung einer angemessenen Frist auftragen. Rechtsmittel gegen Aufträge, die einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen vorbeugen, haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Wird dem Auftrag der Behörde gemäß Abs. 1 nicht fristgerecht entsprochen, ist die weitere Verwendung des Gebäudes oder Gebäudeteiles zur Ausübung der Prostitution ab diesem Zeitpunkt unzulässig.
Einstellung der Prostitutionsausübung
§ 12. (1) Verantwortliche für Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 6) haben für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, wenn dadurch den Bestimmungen des § 4 und des § 9 Abs. 5 zuwidergehandelt wird, wenn die Rechtsfolge des § 11 Abs. 2 eingetreten ist oder wenn eine Untersagung gemäß § 13 erfolgte.
(2) Die Verpflichtung des Abs. 1 beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem Verantwortliche von der gesetzwidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution wussten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten wissen müssen.
Untersagung des Betriebes
§ 13. (1) Sind die in diesem Gesetz genannten Voraussetzungen nachträglich weggefallen, hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und den Betrieb des Prostitutionslokals zu untersagen. Dasselbe gilt, wenn eine Verantwortliche oder ein Verantwortlicher wiederholt ihrer bzw. seiner Verpflichtung gemäß § 12 Abs. 1 nicht nachkommt.
(2) Die Behörde hat die Ausübung der Prostitution in Gebäuden oder Gebäudeteilen und den Betrieb eines Prostitutionslokales zu untersagen, wenn dies zum Schutz der Anrainerinnen und Anrainer vor unzumutbarer Belästigung oder aus wichtigen öffentlichen Interessen, insbesondere auch im Sinne des Jugendschutzes, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit sind Schutzobjekte gemäß § 2 Abs. 10 besonders zu berücksichtigen.
(3) Das gleiche gilt, wenn die äußere Kennzeichnung eines Prostitutionslokales entgegen § 6 Abs. 1 lit. e) in aufdringlicher Weise erfolgt und trotz behördlicher Aufforderung nicht auf ein für die örtlichen Verhältnisse zumutbares Ausmaß abgeändert wird.
(4) Richtet sich die Untersagung gemäß Abs. 2 gegen eine Person, die Prostitution in einem Prostitutionslokal ausübt, so hat die Behörde eine Gleichschrift des rechtskräftigen Untersagungsbescheides auch einer Verantwortlichen oder einem Verantwortlichen (§ 2 Abs. 6) zuzustellen.
Schließung von Prostitutionslokalen
§ 14. (1) Besteht auf Grund konkreter Tatsachen der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs. 1, 2 oder 4 lit. c), und ist anzunehmen, dass der gesetz- oder bescheidwidrige Betrieb des Prostitutionslokals fortgesetzt wird, so hat die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides das gesamte der Rechtsordnung nicht entsprechende Prostitutionslokal an Ort und Stelle zu schließen.
(2) Über die Schließung gemäß Abs. 1 ist binnen einem Monat ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Dieser Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist. Der Berufung gegen diesen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
(3) Der Bescheid über die Schließung des Prostitutionslokals ist sofort vollstreckbar. Durch einen Wechsel in der Person der oder des Verantwortlichen oder der Betreiberin oder des Betreibers des von der Schließung betroffenen Prostitutionslokals wird die Wirksamkeit eines solchen Bescheids nicht berührt.
(4) Weist die oder der Betroffene nach, dass der rechtswidrige Zustand des Prostitutionslokals nicht mehr besteht, ist der Bescheid gemäß Abs. 2 auf Antrag aufzuheben.
Befugnisse
§ 15. (1) Liegt der begründete Verdacht vor, dass entgegen den Bestimmungen in diesem Gesetz die Prostitution angebahnt oder ausgeübt oder ein Prostitutionslokal betrieben wird, so ist der Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes jederzeit der Zutritt auf Grundstücke, zu Gebäuden, Containern, Fahrzeugen und allen ihren Teilen, in denen die rechtswidrige Anbahnung oder Ausübung der Prostitution oder der rechtswidrige Betrieb eines Prostitutionslokals mit Grund vermutet wird, zu gewähren.
(2) Die dort angetroffenen Personen haben auf Verlangen ihre Identität nachzuweisen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wenn anzunehmen ist, dass diese Personen sachdienliche Hinweise über das Vorliegen strafbarer Handlungen nach diesem Gesetz geben können. Die Auskunftspflicht hat sich ausschließlich auf solche Sachverhalte zu beziehen, die strafbare Handlungen im Sinne dieses Gesetzes sein könnten. § 35 Abs. 2 und 3 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2011, ist sinngemäß anzuwenden. Weiters ist § 49 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 mit der Maßgabe anwendbar, dass eine Verweigerung der Auskunft aus dem Grunde des Gereichens zur Unehre nicht zulässig ist.
(3) Die Behörde und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind befugt, vorgefundene Beweismittel sicherzustellen und in Verwahrung zu nehmen. Die sichergestellten Sachen sind der Eigentümerin oder dem Eigentümer oder der rechtmäßigen Besitzerin oder dem rechtmäßigen Besitzer unverzüglich auszufolgen, sobald der Sicherstellungszweck entfällt. Können sichergestellte Sachen innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten ab Entfall des Sicherstellungszweckes nicht ausgefolgt werden, weil der Behörde keine berechtigte Person bekannt wurde, so gelten diese Sachen als verfallen und sind zu verwerten oder, falls dies nicht möglich oder zulässig ist, zu vernichten. Ein allenfalls erzielter Erlös ist der Eigentümerin oder dem Eigentümer auf deren bzw. dessen Verlangen binnen drei Jahren nach Eintritt des Verfalls auszufolgen.
(4) Die Zutrittsbefugnis gemäß Abs. 1 kann mit angemessener unmittelbarer Zwangsgewalt durchgesetzt werden. Die Behörde und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen physische Gewalt gegen Sachen anwenden, wenn es unerlässlich ist und diese Maßnahme vorher angedroht und angekündigt wurde. Dabei haben sie alles daran zu setzen, dass es zu keiner Gefährdung von Menschen kommt.
(5) Die Befugnisse gemäß Abs. 1 bis 4 sind von der Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Vermeidung unnötigen Aufsehens sowie mit möglichster Schonung des Rufes, der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen auszuüben. Auf Verlangen ist den Betroffenen binnen 24 Stunden eine Bescheinigung über die Vornahme der Amtshandlung mit Angabe der Gründe dafür auszustellen.
(6) Der Einsatz von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die ihre amtliche Stellung oder ihren Auftrag weder offen legen noch erkennen lassen, ist nur zulässig, wenn und soweit dies zur Ermittlung oder Aufklärung einer strafbaren Tat gemäß § 17 Abs. 1 lit. b) oder Abs. 2 erforderlich ist.
Beschränkung für Freierinnen und Freier
§ 16. Außerhalb der gemäß § 9 erlaubten Bereiche für Straßenprostitution sowie in Prostitutionslokalen, deren Betrieb gemäß § 6 Abs. 1 lit. a) oder c) unzulässig ist, dürfen Freierinnen und Freier (§ 2 Abs. 9) mit Personen, die Prostitution anbahnen oder ausüben, zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleistungen keinen Kontakt aufnehmen. Die Kontaktaufnahme über Telefon, E-Mail oder sonstige Kommunikationsmedien wird hiervon nicht erfasst.
Strafbestimmungen
§ 17. (1) Wer es als Verantwortliche oder Verantwortlicher für ein Prostitutionslokal gemäß § 2 Abs. 6, unterlässt,
a) die gemäß § 11 Abs. 1 ergangenen rechtskräftigen behördlichen Aufträge zu erfüllen;
b) für die Einstellung der Prostitutionsausübung gemäß § 12 Abs. 1 zu sorgen,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 3.500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu drei Wochen, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 350 Euro bis 7.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
(2) Wer als Verantwortliche oder Verantwortlicher gemäß § 2 Abs. 6 ein Prostitutionslokal
a) vor der rechtskräftigen Kenntnisnahme der Anzeige durch die Behörde gemäß § 7 Abs. 3;
b) trotz einer rechtskräftigen Untersagung gemäß § 13;
c) unter Nichteinhaltung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume;
d) während der Dauer einer rechtswirksamen behördlichen Schließung gemäß § 14 Abs. 1,
betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 7.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
(3) Wer als Freierin oder Freier (§ 2 Abs. 9) entgegen dem Verbot des § 16 Kontakt mit Personen, die Prostitution anbahnen oder ausüben, zum Zweck der Inanspruchnahme ihrer Dienstleistungen aufnimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Tagen, zu bestrafen.
(4) Wer die Prostitution anbahnt oder ausübt
a) entgegen den Beschränkungen des § 4;
b) ohne dass eine Meldung gemäß § 5 Abs. 1 oder 3 vorliegt;
c) in Gebäuden oder Gebäudeteilen, in denen die Ausübung der Prostitution gemäß § 6 Abs. 1 lit. a) oder b) oder c) verboten ist;
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 800 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Tagen, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis 1.600 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zehn Tagen, zu bestrafen.
(5) Wer die Prostitution anbahnt oder ausübt
a) auf einer öffentlichen Fläche außerhalb des erlaubten Bereiches gemäß § 9 Abs. 1;
b) im Bereich einer Beschränkung gemäß § 10;
c) in Bahnhöfen oder Stationsgebäuden;
d) oder die Prostitution in aggressiver Weise (§ 9 Abs. 4) anbahnt;
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Tagen, zu bestrafen.
(6) Wer es als Verpflichtete oder Verpflichteter unterlässt,
a) die Anzeigen gemäß § 5 Abs. 3 oder § 7 Abs. 2 lit. a) oder b) fristgerecht zu erstatten;
b) Organen der Behörde oder Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes entgegen § 15 Abs. 1, den Zutritt zu Grundstücken, Gebäuden, Containern und Fahrzeugen und allen ihren Teilen zu gewähren;
c) entgegen § 15 Abs. 2 auf Verlangen ihre oder seine Identität nachzuweisen oder die erforderlichen Auskünfte zu erteilen;
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Tagen, zu bestrafen.
(7) Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn die jeweilige Tathandlung (Unterlassung) zugleich den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
(8) Gegen Personen, die zur Zeit der Beanstandung zwar 14, aber noch nicht 18 Jahre alt waren und gegen welche noch nicht wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs. 4 oder Abs. 5 durch die Bundespolizeidirektion Wien ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden ist, ist wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs. 4 oder Abs. 5 keine Strafe zu verhängen. Diese Personen sind von der Behörde in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens aufmerksam zu machen. Ihnen ist aufzutragen, binnen einer angemessenen Frist an einem Beratungs- und Informationsgespräch über den Sinn und Zweck der Bestimmungen dieses Gesetzes und die gefährdenden Auswirkungen der Prostitution beim Jugendwohlfahrtsträger teilzunehmen. Nehmen diese Personen aus eigenem Verschulden nicht an dem Beratungs- und Informationsgespräch teil, so sind sie für die ursprüngliche Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis 200 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Tagen, zu bestrafen.
(9) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 4 und 5 ist als mildernder Umstand zu berücksichtigen, wenn sich die beschuldigte Person amtsärztlichen Untersuchungen auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und von sexuell übertragbaren Krankheiten laufend unterzogen hat und im Falle der Feststellung von Erkrankungen auch ärztliche Behandlungen durchführen ließ.
(10) Die in Abs. 4 lit. a) und c) und Abs. 5 bezeichneten Tathandlungen gelten nach einer Betretung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beendet. Eine Fortsetzung der Übertretungshandlung durch die Beschuldigte oder den Beschuldigten ist als eigenständige Verwaltungsübertretung anzusehen und stellt kein fortgesetztes Delikt dar.
(11) Bei allen Verwaltungsübertretungen können die Bestimmungen des § 50 VStG mit der Maßgabe angewendet werden, dass Geldstrafen bis 100 Euro sofort eingehoben werden.
Kosten und Widmung
§ 18. (1) Kosten, die der Behörde für die Öffnung von Grundstücken, Gebäuden, Containern, Fahrzeugen und allen ihren Teilen erwachsen, sind der Beschuldigten oder dem Beschuldigten, wenn im Zusammenhang mit diesen Gegenständen der begründete Verdacht der rechtswidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution oder des rechtswidrigen Betriebes eines Prostitutionslokals besteht, und sie durch eine Weigerung oder die Vereitelung des Zutritts, nicht aber durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind, als Barauslagen, wenn tunlich im Sach- oder Strafbescheid, sonst durch besonderen Bescheid, vorzuschreiben.
(2) Geldstrafen fließen der Gemeinde Wien als zusätzliche Mittel für Beratungs- und Betreuungseinrichtungen betreffend Personen zu, welche die Prostitution ausüben oder ausgeübt haben.
Verwenden personenbezogener Daten
§ 19. (1) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Gesetz ist die Behörde ermächtigt, sich der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu bedienen.
(2) Zu Zwecken des Abs. 1 darf die Behörde die dafür erforderlichen Daten verwenden, an personenbezogenen Daten Namen, frühere Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Wohnadresse sowie Angaben zu Prostitutionslokalen, in welchen die Ausübung der Prostitution beabsichtigt wird. Von Personen, die die Ausübung der Prostitution beabsichtigen, dürfen auch Lichtbilder verwendet werden.
(3) Eine Übermittlung der Daten ist für Zwecke der Strafrechtspflege, der Sicherheitspolizei, der Sittlichkeitspolizei, des öffentlichen Gesundheitswesens und für Zwecke der Führung von Verwaltungsstrafverfahren zulässig.
(4) Die Daten sind für Zugriffe der Behörde als Auftraggeber zu sperren, sobald sie für den Verwendungszweck nicht mehr benötigt werden. Spätestens ein Jahr nach der Sperre des Zugriffes sind die Daten auch physikalisch zu löschen.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 20. (1) Dieses Gesetz tritt mit dem übernächsten auf die Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Regelung der Prostitution in Wien (Wiener Prostitutionsgesetz) vom 7. Dezember 1983, LGBl. Nr. 7/1984 in der Fassung LGBl. Nr. 56/2010, außer Kraft.
(2) Die bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes LGBl. Nr. 24/2011 gegenüber Personen, die die Prostitution ausüben, mit Bescheiden verfügten örtlichen und zeitlichen Beschränkungen der Anbahnung und Ausübung der Prostitution treten mit In-Kraft-Treten des Gesetzes LGBl. Nr. 24/2011 außer Kraft.
(3) Die bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes LGBl. Nr. 24/2011 bestehenden Prostitutionslokale sind bis zum Ablauf eines Jahres ab In-Kraft-Treten dieses Gesetzes an seine Vorschriften anzupassen und gemäß § 7 zu melden.
(4) Die Bundespolizeidirektion Wien kann sich zur Klärung von Sachverhaltsfragen bei Wahrnehmung aller ihr übertragenen Aufgaben der Amtssachverständigen der Stadt Wien kostenlos bedienen.
(5) Vor Erlassung von Verordnungen gemäß § 9 Abs. 3 und § 10 und Untersagungen gemäß § 13 ist die zuständige Bezirksvertretung anzuhören.
(6) Verstöße gegen das Verbot der Anbahnung der Prostitution in Schutzbereichen gemäß § 4 Abs. 2 zweiter Satz des Wiener Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 7/1984, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 56/2010, oder gegen die nach § 4 Abs. 3 oder 4 dieses Gesetzes verfügten Beschränkungen sind nicht zu bestrafen. Dies gilt auch für das Berufungsverfahren.
Der Landeshauptmann: |
Der Landesamtsdirektor: |
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